Forscher aus Mainz und Würzburg entwickeln potenzielle neue Wirkstoffe gegen Denguevirus

Neue Hemmstoffe wirken schon bei sehr niedrigen Wirkstoffkonzentrationen

09.12.2014

Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg haben im Fachjournal Antimicrobial Agents and Chemotherapy potenzielle neue Wirkstoffe gegen das Denguevirus vorgestellt. Genau wie Ebola kann auch das Denguefieber tödlich sein. Diese Krankheit wird ebenfalls durch ein Virus verursacht, gegen das es bislang kein Mittel und keine Impfung gibt.

Bei der Suche nach Medikamenten gegen das Denguevirus konzentriert sich die Wissenschaft auf ein bestimmtes Enzym des Erregers, die sogenannte Protease NS2B/NS3, da sich Hemmstoffe gegen ähnliche Proteasen bei anderen Viren als sehr wirksam gezeigt haben. So werden bei der Behandlung von HIV- und Hepatitispatienten Protease-Hemmstoffe bereits erfolgreich eingesetzt. Gegen die Dengue-Protease gibt es ebenfalls einige Hemmstoffe. Sie sorgen aber bestenfalls dafür, dass sich die Hälfte der Viren nicht mehr vermehren kann, was für klinische Anwendungen zu wenig ist. Die Arbeitsgruppe des Würzburger Virologen PD. Dr. Jochen Bodem hat gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz weitaus bessere Hemmstoffe gefunden.

"Wir haben sieben gute bis sehr gute Hemmstoffe aus der Molekülklasse der Diaryl-Thioether entwickelt und zwei davon sind sogar richtig gut", erklärt Bodem. Kommen die beiden besten Hemmstoffe zum Einsatz, überleben schon bei sehr niedrigen Wirkstoffkonzentrationen nur rund drei Prozent der Virenpopulation in einer Zellkultur. Aus Sicht der Wissenschaft ist das ein sehr gutes Ergebnis, zumal die Hemmstoffe – wie gewünscht – hoch spezifisch sind. Sie richten sich ausschließlich gegen Dengueviren und haben nicht einmal Auswirkungen auf sehr nahe Verwandte wie das Hepatitis-C-Virus.

Entwickelt wurden die neuen Wirkstoffe von einem Team aus Virologen und Pharmazeuten. Von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wirkten Prof. Dr. Tanja Schirmeister und insbesondere ihre Mitarbeiterin Hongmei Wu mit. In Schirmeisters Arbeitsgruppe wurden die Hemmstoffe synthetisiert und deren Wechselwirkungen mit dem Enzym mittels computergestützter Methoden untersucht und weiterentwickelt. Aus der Arbeitsgruppe von PD Dr. Jochen Bodem war Stefanie Bock maßgeblich beteiligt, die inzwischen Doktorandin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ist. An der Julius-Maximilians-Universität Würzburg wurde die Protease der Viren gewonnen und gereinigt sowie später im Sicherheitslabor der Effekt der Wirkstoffe auf das Denguevirus nachgewiesen. Als nächstes werden die Wissenschaftler prüfen, ob die neuen Wirkstoffe negative Effekte auf höhere Organismen haben und ob sie auch dort die Virusvermehrung hemmen.

Das Denguefieber kommt ursprünglich in den Tropen vor. Seit einigen Jahren tritt es aber auch in anderen warmen Regionen der Erde auf, etwa am Mittelmeer. Wissenschaftler führen das auf den Klimawandel zurück. Die Stechmücken, die das Virus auf den Menschen übertragen, können durch die zunehmende Erderwärmung ihren Lebensraum ausdehnen. Das Robert Koch-Institut berichtete schon 2010 von Denguefieber in Südfrankreich und Kroatien. In Deutschland gab es im Jahr 2013 insgesamt 879 aktenkundige Denguepatienten – allesamt Reisende, die sich in südlichen und tropischen Ländern infiziert hatten. Global schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zahl der Infektionen auf jährlich 390 Millionen. 1970 trat die Infektion nur in neun Ländern auf, heute gibt es sie schon in mehr als 100 Staaten.

Übertragen wird das Virus durch die Tigermücke und andere Stechmücken. Meist bleibt die Infektion unbemerkt, denn in fast 90 Prozent der Fälle zeigen sich keinerlei Krankheitszeichen. Beim Rest kommt es zu einer grippeartigen Erkrankung, die allerdings besonders bei Kindern einen lebensgefährlichen Verlauf nehmen kann. Neben Muskel- und Knochenschmerzen mit tagelangem hohen Fieber treten dann innere Blutungen und andere schwere Symptome auf. Ohne intensivmedizinische Behandlung stirbt etwa die Hälfte der Betroffenen.

Bislang gibt es keine Impfung und auch keine Möglichkeit, das Denguevirus mit spezifischen Medikamenten zu bekämpfen. In gefährdeten Ländern empfiehlt es sich daher, Maßnahmen zum Schutz gegen Mückenstiche zu ergreifen, also beispielsweise die Haut so gut wie möglich mit Kleidung zu bedecken, unter einem Moskitonetz zu schlafen und mückenabwehrende Cremes zu verwenden.