Mainzer Physiker bauen ersten Prototyp einer Ein-Ionen-Wärmekraftmaschine

Nano-Wärmekraftmaschine verspricht hohen Wirkungsgrad / Publikation in Physical Review Letters

23.01.2014

Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg arbeiten an einer Wärmekraftmaschine, die aus einem einzelnen Ion besteht. Eine solche Nano-Wärmekraftmaschine kann einen weit höheren Wirkungsgrad erreichen als etwa ein Automotor oder ein Kohlekraftwerk. Eine Wärmekraftmaschine wandelt Wärme in nutzbare mechanische Energie um, wobei der Wirkungsgrad bei einem Ottomotor etwa 25 Prozent beträgt. Bei der vorgeschlagenen Nano-Wärmekraftmaschine aus einem Kalzium-Ion wäre die Effizienz deutlich höher. Die Wissenschaftler wollen mit ihren Untersuchungen vor allem ein besseres Verständnis der Thermodynamik auf sehr kleinen Skalen erreichen. An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird derzeit ein erster Prototyp einer solchen Ein-Ionen-Wärmekraftmaschine aufgebaut.

Wie die Physiker in einem Beitrag für die Fachzeitschrift Physical Review Letters schreiben, folgt der Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen, die mit thermischen Wärmebädern angetrieben werden, aus dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, einer der Säulen der Physik. Die Obergrenze, das sog. Carnot-Limit, berechnete der Franzose Sadi Carnot bereits im Jahr 1824. In ihrem Vorschlag für eine Nano-Wärmekraftmaschine können die Wissenschaftler das klassische Carnot-Limit überschreiten, indem sie die Wärmebäder manipulieren und nicht-klassische Zustände nutzen.

Anhand von Berechnungen und Simulationen wurde vor rund einem Jahr erstmals gezeigt, dass sich der thermodynamische Kreislauf eines Ottomotors mit einem einzelnen Ion nachstellen lässt. Dazu wird ein einzelnes Kalzium-40-Ion verwendet, eine Million mal kleiner als ein menschliches Haar. "Das Ion stellt im Grunde Kolben und Kurbelwelle, also den gesamten Motor dar", erklärt Johannes Roßnagel von der Arbeitsgruppe Quanten-, Atom- und Neutronenphysik (QUANTUM) am Institut für Physik der JGU. Das einzelne Ion würde nun in einer Paul-Falle gespeichert und mithilfe von Laserstrahlen und elektrischen Feldern nicht nur gekühlt und erhitzt, sondern zusätzlich noch gequetscht. "So können wir die Impuls-Orts-Verteilung für einen optimalen Wirkungsgrad maßschneidern", erläutert Roßnagel. "Die Überschreitung des Carnot-Limits einer klassischen Wärmekraftmaschine bedeutet daher keine Verletzung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, sondern zeigt, dass die Verwendung speziell präparierter, nicht-thermischer Wärmebäder auch verbesserte Wirkungsgrade ermöglicht." In ihrer Publikation berechnen die Physiker für diesen Fall ein verallgemeinertes Carnot-Limit. Da die mechanische Leistung einer Ein-Ionen-Maschine äußerst gering ist, liegen mögliche Anwendungen ebenfalls beim Heizen oder Kühlen von Nanosystemen.

Der Vorschlag für eine Ein-Ionen-Wärmekraftmaschine soll daher in ersten Experimenten tatsächlich in die Praxis umgesetzt und ein erster Prototyp im Labor aufgebaut werden.