Verbundprojekt beschäftigt sich mit komplexen Transfer- und Vermittlungsprozessen zwischen Forschern, Ärzten, Journalisten und Bevölkerung
19.12.2013
Der Wissenstransfer zum pharmakologischen Neuroenhancement steht ab sofort im Mittelpunkt einer neuen interdisziplinären Forschergruppe an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt "Pharmakologisches Neuroenhancement – Zwischen planbarem Wissenstransfer und nicht intendierten Rückwirkungen" gehen Prof. Dr. Klaus Lieb und Dr. Dr. Andreas Franke von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Oliver Quiring vom Institut für Publizistik sowie PD Dr. Elisabeth Hildt vom Philosophischen Seminar gemeinsam den komplexen Transfer- und Vermittlungsprozessen zwischen Forschern, Ärzten, Journalisten und Bevölkerung auf den Grund. Warum gelangen bestimmte Forschungsergebnisse in die Bevölkerung und andere nicht? Wo informieren sich Nutzer über legale und verbotene Substanzen? Welche Rolle spielen Ärzte beim Thema Hirndoping? Und welche Rolle spielen die Medien? Ziel der Mainzer Wissenschaftler ist es, den Wissenstransfer erstmals systematisch zu untersuchen und hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Auswirkungen zu analysieren. Das Projekt ist auf eine Laufzeit von drei Jahren ausgelegt.
Der rasante Fortschritt in den modernen Neurotechnologien eröffnet der Medizin immer neue und weitreichendere Möglichkeiten, um Funktionen des Gehirns zu modulieren und zu verändern. Die Frage, inwieweit Medikamente, die ursprünglich zur Behandlung von Krankheiten entwickelt wurden, auch zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit von Gesunden eingesetzt werden können und sollten, wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Die sog. "pharmakologischen Neuroenhancer" bergen, sowohl was den gesellschaftlichen Bedarf als auch was den ökonomischen Nutzen für die Hersteller angeht, grundsätzlich ein enormes Potenzial, werfen aber gleichzeitig neue ethische, rechtliche und soziale Fragen auf – auch weil die Wirkungen und Risiken des Konsums dieser Substanzen durch Gesunde zum Teil noch völlig unklar sind.
Die meisten der eingesetzten Substanzen wie Methylphenidat (Ritalin®), Amphetamine oder Modafinil sind relativ einfach anzuwenden und werden innerhalb bestimmter Zielgruppen offenbar bereits heute genutzt. Angesichts der nach wie vor unklaren medizinischen Wirkungen und Nebenwirkungen und der gesellschaftlichen und ethischen Implikationen kommt der Kommunikation wissenschaftlicher Ergebnisse zu diesem Thema eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zu.