Hybridtechnik ermöglicht Übertragung von photonischen Qubits mit großer Zuverlässigkeit
15.08.2013
Mithilfe quantenmechanischer Verschränkung räumlich getrennter Lichtfelder ist es Wissenschaftlern aus Tokio und Mainz gelungen, photonische Quantenbits außerordentlich zuverlässig zu teleportieren. Rund 15 Jahre nach den ersten Versuchen auf dem Gebiet der optischen Teleportation ist damit ein entscheidender Durchbruch gelungen. Der Erfolg des in Tokio durchgeführten Experiments beruht auf einer Hybridtechnik, bei der zwei konzeptionell verschiedene, bisher unvereinbare Ansätze verknüpft werden. "Diskrete, digitale optische Quanteninformation kann dabei kontinuierlich und damit sozusagen auf Knopfdruck übertragen werden", erklärt Prof. Dr. Peter van Loock von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Van Loock hat als Physik-Theoretiker die experimentellen Physiker um Akira Furusawa von der Universität Tokio beraten, wie sie den Teleportationsversuch am effizientesten durchführen und eine erfolgreiche Quantenteleportation letztlich auch verifizieren können. Die Forschungsarbeiten wurden jetzt im renommierten Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Die Quantenteleportation ermöglicht den Transfer von beliebigen Quantenzuständen von einem Sender, als Alice bezeichnet, zu einem räumlich entfernten Empfänger, genannt Bob. Voraussetzung ist, dass sich Alice und Bob zunächst einen verschränkten Quantenzustand, z.B. in Form von verschränkten Photonen, über die Distanz teilen. Die Quantenteleportation ist von fundamentaler Bedeutung für die Verarbeitung von Quanteninformation (Quantencomputing) und die Quantenkommunikation. Insbesondere für die Quantenkommunikation gelten Photonen als optimale Informationsträger, da sie eine Signalübertragung mit Lichtgeschwindigkeit ermöglichen. Mit einem Photon kann man ein Quantenbit oder Qubit darstellen – analog zu einem Bit in der klassischen Informationsverarbeitung. Man spricht dann von "fliegenden Quantenbits".
Erste Versuche zur Teleportation von einzelnen Photonen, die auch als Lichtteilchen bezeichnet werden, gehen auf den Wiener Physiker Anton Zeilinger zurück. In der Zwischenzeit wurden verschiedene Experimente durchgeführt, allerdings stieß die Teleportation eines photonischen Quantenbits mithilfe der herkömmlichen Methoden aufgrund von experimentellen Unzulänglichkeiten und grundsätzlichen Prinzipien an Grenzen.
Der Schlüssel für das Experiment in Tokio ist eine Hybridtechnik. Mit ihrer Hilfe ist es gelungen, experimentell eine vollkommen deterministische Quantenteleportation von photonischen Qubits zu erzielen, bei der die Teleportation mit außerordentlich hoher Zuverlässigkeit erfolgt. Die Genauigkeit der Übertragung liegt bei 79-82 Prozent für vier unterschiedliche Qubits. Außerdem konnten die Qubits selbst bei einem geringen Grad der Verschränkung wesentlich effizienter teleportiert werden als in früheren Experimenten.
Der Begriff der Verschränkung geht auf Erwin Schrödinger zurück und bezeichnet den Befund, dass zwei Quantensysteme, beispielsweise zwei Lichtteilchen, einen gemeinsamen Zustand einnehmen und in ihrem Verhalten auf stärkere Weise voneinander abhängen als es klassisch möglich ist. Bei dem Tokioter Experiment wurde durch die Verschränkung von vielen Photonen mit vielen Photonen eine kontinuierliche Verschränkung erzeugt, bei der nicht nur einzelne wenige Lichtteilchen, sondern die kompletten Amplituden und Phasen zweier Lichtfelder miteinander quantenkorreliert sind. Bisherige Experimente hatten dagegen jeweils nur ein einzelnes Photon mit einem anderen einzelnen Photon verschränkt – eine weniger effiziente Lösung. "Die Verschränkung von Photonen hat in dem Tokio-Experiment sehr gut funktioniert – praktisch auf Knopfdruck, sobald der Laser eingeschaltet wurde", beschreibt van Loock, Professor für Theorie der Quantenoptik und Quanteninformation, den Versuch. Erreicht wurde diese kontinuierliche Verschränkung durch sog. gequetschtes Licht, das im Phasenraum des Lichtfeldes die Form einer Ellipse annimmt. Ist die Verschränkung erzeugt, kann ein drittes Lichtfeld beim Sender angeheftet werden. Von dort können dann im Prinzip beliebige und beliebig viele Zustände an den Empfänger übertragen werden. "In unserem Experiment waren es genau vier ausreichend repräsentative Testzustände, die unter Benutzung der Verschränkung von Alice übermittelt wurden und bei Bob entsprechende Zustände erzeugt haben. Dank der kontinuierlichen Verschränkung ist es möglich, dass die photonischen Qubits deterministisch, also bei jedem Versuch, zu Bob übertragen werden", ergänzt van Loock.
Frühere Experimente zur optischen Teleportation waren unterschiedlich angelegt und bis heute inkompatibel. Von physiktheoretischer Seite wurde zwar angenommen, dass die beiden unterschiedlichen Ansätze, die diskrete und die kontinuierliche Welt, zu verbinden sind. Dass es nun im Experiment mit der Hybridtechnik tatsächlich gelungen ist, stellt einen technologischen Durchbruch dar. "Jetzt nähern sich die beiden Welten an", so van Loock.