Freier Zugang zu wissenschaftlichen Informationen im Internet als Voraussetzung für virtuelle Forschungsumgebung
10.04.2012
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wird sich in Zukunft stärker dafür einsetzen, dass wissenschaftliche Arbeiten möglichst vollständig nachgewiesen und als Open Access-Publikationen veröffentlicht werden. Im Januar 2012 hat sie dazu ein Grundsatzpapier, die "Open Access Policy der JGU", verabschiedet.
Open Access-Publikationen sind öffentlich im Internet zugänglich und können ohne Kosten für den Nutzer im Volltext gelesen, heruntergeladen und vervielfältigt werden. Damit ermöglichen sie eine uneingeschränkte Verbreitung von Forschungsergebnissen unter Wissenschaftlern und allen anderen Interessierten. Die Universitätsbibliothek (UB) der JGU wird Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich für eine solche Publikationsform interessieren, unterstützen und beraten. In der UB sieht man Open Access als eine zukunftsweisende Alternative zu den traditionellen Publikationsformen. "Open Access ist unerlässlich, um in Zukunft die virtuellen Forschungsumgebungen zu schaffen, die wir im Rahmen unseres Zukunftskonzepts verwirklichen wollen", erklärt Dr. Andreas Brandtner, Direktor der UB. Mit dem Zukunftskonzept bewirbt sich die JGU derzeit in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder.
Die Open Access-Bewegung ist Ende der 1990er-Jahren infolge der sogenannten "Zeitschriftenkrise" aufgekommen. Wegen überproportionaler Preissteigerungen auf dem Zeitschriftenmarkt mussten Bibliotheken seitdem viele Abonnements von Fachzeitschriften kündigen. "Damit ist eine angemessene Literaturversorgung für unsere Forscher und Studierenden auf Dauer nicht gewährleistet", so Brandtner. Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum die mit Steuergeldern finanzierten Forschungsergebnisse nach ihrer Veröffentlichung erneut mit Mitteln der öffentlichen Hand erworben werden müssen. An der JGU publizieren beispielsweise Mediziner und Naturwissenschaftler jährlich annähernd 2.500 Fachaufsätze. Weniger als 10 Prozent davon erscheinen in frei zugänglichen Quellen. Der Hauptanteil wird wie seit eh und je in abonnementpflichtigen Zeitschriften publiziert, zu denen auch renommierteste Journals wie "Nature" und "Science" zählen.
Wesentlicher Motor für den Ausbau des Open Access-Publizierens ist die Förderung der schnellen Zirkulation von Forschungsinformationen – zugunsten der Wissenschaftler, deren individuelle Arbeit besser wahrgenommen werden kann, zugunsten der Wissenschaftsgemeinschaft, deren flächendeckende Vernetzung gefördert wird, und schließlich auch zugunsten der Länder in der Dritten Welt, die oft nur auf diesem Weg Zugriff auf wichtige Informationen und Ideen haben.
Aber auch Open Access ist nicht kostenlos. Denn die redaktionelle Begutachtung und die veröffentlichungsreife Aufbereitung von Beiträgen kosten Geld. Deshalb erheben viele, besonders die hoch angesehenen Open Access-Verlage Publikationsgebühren, die von den Autoren bezahlt werden müssen. Damit dies nicht zum Hindernis für das Open Access-Publizieren wird, hat die JGU im Jahr 2012 einen Publikationsfonds eingerichtet. Aus diesem Fonds kann die UB auf Antrag Autorengebühren der Universitätsangehörigen erstatten.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass jeder Wissenschaftler sich gegenüber dem Verlag das Zweitverwertungsrecht für seine Publikationen sichert. Er hat dann das Recht, seinen Beitrag, etwa nach einer bestimmten Frist, auch in ein öffentlich verfügbares Repository einzustellen, wenn die Erstpublikation in einem angesehenen Journal erfolgt ist. Angehörige der JGU können hierfür das Repository "Archiv Mainzer elektronischer Dokumente (ArchiMeD)" an der Universitätsbibliothek nutzen. Hier können sog. "Postprints" auf den Server hochgeladen werden und stehen dann in dem qualitätszertifizierten elektronischen Archiv frei zugänglich zur Verfügung.
In Zukunft möchte die UB noch einen Schritt weiter gehen. Zusammen mit dem an der Freien Universität Berlin angesiedelten Projekt "Open Journal Systems" (OJS), das die Software bereitstellt, wollen die Verantwortlichen nun auch die Publikation von wissenschaftlichen Fachzeitschriften im Internet unterstützen. Die Zeit hierfür scheint reif zu sein, denn mit dem Dolmetscher-Fachjournal "TC3 – Translation: Computation, Corpora, Cognition" hat die Germersheimer Professorin für Englische Sprach- und Übersetzungswissenschaft Silvia Hansen-Schirra, unterstützt von der Universitätsbibliothek Mainz, den Anfang gemacht und im Januar 2012 ein Open Access-Journal herausgegeben. Ein weiteres Journal an der JGU ist schon in Vorbereitung.
"Mit diesen verschiedenen Maßnahmen wollen wir einerseits die Veröffentlichung in Open Access-Journals fördern, andererseits aber auch den Forschenden ermöglichen, eigene Zeitschriften im Open Access herauszugeben", erklärt UB-Direktor Andreas Brandtner. In allen Fällen will die UB den Beteiligten mit Beratung zur Seite stehen und dabei gerade auch junge Wissenschaftler ansprechen, die besonders vom Open Access profitieren können, indem sie in der Fachwelt besser wahrgenommen werden.
Ohne Open Access ist eine weltweite virtuelle Forschungslandschaft nicht denkbar. Mit Open Access werden Wissenschaftler künftig gemeinsam im Netz an einem Forschungsthema arbeiten können, ohne urheberrechtliche Beschränkungen auf die gleichen Daten zugreifen und ihre Informationen frei austauschen können. Die JGU setzt darauf, dass sie mit ihrer Open Access Policy, mit der finanziellen Unterstützung für Autoren und mit den Serviceangeboten der UB hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten kann.